Kaum waren die Kinder von der Bühne herunter, brandete von Backstage ein riesiger Jubel auf.
Für alle Zuschauerinnen und Zuschauer, die einen Sitzplatz auf der Tribüne im Aufführungsraum hatten, war die Freude und Erleichterung der Darstellenden zu spüren. Der Kinder- und der Jugendchor der Deutschen Oper Berlin feierte am Freitagabend einen seiner wohl größten Auftritte überhaupt. Bei der Matthäus-Passion von Johann Sebastian Bach führten sie szenisch den Leidens- und Sterbensweg Jesu auf. Vom Verrat über das letzte Abendmahl, die Verurteilung, den Kreuzigungstod in der neunten Stunde bis ins Grab.
Der Stoff ist 2000 Jahre alt, uraufgeführt vor 300 Jahren, und doch hat es der Regisseur Benedikt von Peter geschafft, der Handlung eine moderne Brechung zu geben. Der Baseler Theaterintendant erdachte eigens eine Handlung in der Handlung. Die Kinder begehrten gegen die spirituellen Konzepte von Schuld, Sünde und Vergebung auf. Sie hielten Schilder in die Luft, angeführt von einem Mädchen, das in ihrem Protest gegen die Generation ihrer Eltern nicht zufällig wirkte wie Fridays-Aktivistin Greta, so als habe sie sich auf einer Zeitreise ins gelobte Land verirrt.
Der Applaus am Ende war ohrenbetäubend, der Lohn von vielen Probenstunden. Bisweilen glichen sie einem Besuch im Fitnessstudio, zumindest für die Kinder, die das Kreuz oder Pflanzenkästen mit Olivenbaum und Tulia tragen mussten. Vergessen die Mühen und die Angst, auf der Premiere könnte etwas schiefgehen. Bei der anschließenden Feier bat sie Intendant Dietmar Schwarz als letzte auf die Bühne, als die Stars des Abends.
Text und Fotos: Gerald Traufetter